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2. Fahrt

29.01. - 13.02.1917; Atlantik um Irland

29.01.1917

Oblt. z.S. Raimund WeisbachKL Frhr. von Bothmer läuft gemeinsam mit U 81 (Oblt. z.S. Raimund Weisbach) von Helgoland in Begleitung von zwei Sperrbrechern Richtung Kanal aus. Bei Terschelling Feuerschiff kehren die Sperrbrecher um.

30.01.1917

In den Hoofden (Seegebiet vor dem östlichen Eingang des Kanals) Treffen mit UB 39. Die Sperren werden angesteuert. Mehrere Bewacher in Sicht.Erinnerungen Hans BranscheidErinnerungen Hans Branscheid
engl. Küste bei Dover

Das erste Netz wird passiert. Das Leuchtfeuer von Dover ist in Sicht als 400 m voraus ein englischer Zerstörer auftaucht. Alarmtauchen, da ein Ausweichen über Wasser unmöglich ist. Das Boot will auf 40 m Tiefe gehen, bleibt aber bei 20 m in der zweiten Netzsperre hängen. Trotz voller Maschinenkraft gelingt es nicht, das Netz zu durchbrechen. Durch Fluten wird das Boot zuerst achtern auf Grund gesetzt. Nachdem es auch vorne durch Trimmen schwerer gemacht wurde, reißt das Netz.

Nach Lenzen und nochmaligem Zufluten kommt U 54 frei und läuft getaucht auf 30 m Tiefe nach Gris Nez ab. 

31.01.1917

Vor der französischen Küste werden mehrere Zerstörer und Dampfer angetroffen. Wegen schlechter Sicht wird in Unterwassernachtfahrt durch den Kanal gesteuert.

01.02.1917

Nach dem Auftauchen wird der holländische Dampfer “Wildrecht” angetroffen, aber wegen begleitender Zerstörern nicht angehalten. 

02.02.1917

Die Südwestspitze Irlands (Fastnet Rock) ist erreicht. Ein Dampfer wird mit Torpedo angegriffen, der jedoch unter dem Schiff durchläuft. Der Dampfer bemerkt U 54 und beginnt Schnellfeuer mit seiner Bordkanone. U 54 taucht ab.

03.02.1917

Tamara thumbZur Seite "Tamara"Am Morgen taucht U 54 um 08:18 Uhr auf. Steuerbord voraus ist der norwegische Segler “TAMARA” in Sicht, wird angehalten und durch Brand versenkt (50°26’ N, 12°15’ W). Die Boote mit der Mannschaft werden angehängt und unter Land geschleppt. Sie wurden gegen 22 Uhr von einem Patrouillenschiff an Bord genommen. Der 453 BRT grosse Segler war mit einer Ladung Holz auf der Route Jamaika - Fleetwood unterwegs.

Diese erste Versenkung - ja ein besonderes Ereignis für die Mannschaft - wurde in allen Phasen von Otto Knüppel fotografiert. Bitte klicken Sie auf das Bild.

 

Nachmittags kommt ein weiterer Segler in Sicht, daneben wird aber ein zweites Fahrzeug ausgemacht, das als U-Bootsjäger erkannt wird und auf U 54 zuläuft. Unter Wasser ausgewichen.

04.02.1917

Floridian Zur Seite "Floridian"Bei leichtem NO-Wind und Dünung wird vormittags versucht, den Dampfer “FLORIDIAN” mit Artillerie anzuhalten. Dieser dreht ab und versucht zu fliehen. Erst nach mehreren Treffern stoppt der Dampfer und setzt die schwer beschädigten Boote aus. Ein Teil der 41 Mann Besatzung war bereits außenbords gesprungen. 5 Tote. Versenkung durch Torpedo.

Der Kapitän, der Ingenieur und der Telegraphist werden an Bord genommen und als Kriegsgefangene nach Deutschland gebracht.    Bitte klicken Sie auf das Bild.

Nach Mittag wird der Dampfer “PALMLEAF” nach Verfolgung mit Torpedo ohne Warnung angegriffen und mittschiffs getroffen. Britischer Tankdampfer, 5.489 BRT, mit 12 cm Geschütz bewaffnet, Ladung Petroleum, Route Plymouth - Port Arthur (Texas), 230 sm westlich von Fastnet Rock versenkt. Kapitän (Daniel) und 1. Ingenieur (Whelpdale) werden an Bord genommen.

05.02.1917

Zur Mittagszeit kommt ein Dampfer in Sicht, der aufgrund der Dünung nicht mit Torpedo angegriffen werden kann. Angriff auf Distanz mit Geschütz. Dampfer gibt Notsignale. Nach Verfolgung taucht Zerstörer auf und setzt sich vor den Dampfer. Nach Beschuss durch Zerstörer unter Wasser in 40 m Tiefe abgelaufen.

Am Abend zunächst den britische Dampfer “AZUL” (4.303 BRT) bei Torpedoangriff verfehlt. Im zweiten Anlauf wird ein Broncetorpedo abgefeuert, dessen Laufbahn nicht gesehen wird. Dann durch Stahltorpedo ein Treffer mittschiffs. Der Dampfer bleibt sinkend mit starker Schlagseite liegen. 11 Besatzungsmitglieder kommen ums Leben. S.S. Azul befand sich mit einer Ladung Mehl auf dem Weg von Buenos Aires nach Cherbourg.

06.02.1917

Während des Angriffs auf S.S. Azul kommt mitten in der Nacht ein großer Segler - es handelte sich um die “Ainsdale” - in Sicht. Er wird mit Artilleriefeuer angehalten. Da die Verständigung bei der schweren See mit Windstärke 6 nicht möglich war und daher die Nationalität nicht festgestellt werden konnte, wurde der Angriff aufgegeben. Außerdem befanden sich in nächster Nähe Zerstörer, die offenbar durch das Artilleriefeuer angelockt wurden und das Signal “U-Boot in Sicht” gaben. Dann Rückfahrt zum Dampfer, der nicht mehr in Sicht kommt. U54 taucht und fährt unter Wasser 40 sm.

Nach dem Auftauchen kommt kurz nach 11 Uhr ein Dampfer in Sicht, auf den ein Unterwasserangriff erfolgt. Nachdem der Torpedo unter dem Schiff durchgelaufen ist, taucht U 54 auf und greift mit Artillerie an. Der Dampfer “WALLACE” stoppt nach mehreren Treffern und setzt seine Boote aus. Der an Bord genommene 1. Offizier Moyes sagt aus, dass zwei Mann der Besatzung tot und zwei schwer verletzt seien. Der Dampfer war von New York nach Le Havre mit Stahl und Automobilen unterwegs.

Aus der Sonne hinter dem Dampfer taucht plötzlich ein Hilfskreuzer auf, der zum Tauchen zwingt. Ein Angriff auf diesen scheitert, da das Sehrohr bemerkt wird. Der Hilfskreuzer dreht auf das U-Boot zu und wirft mehrere Wasserbomben. Auf 55 m Tiefe entfernt sich das Boot mit wechselnden Kursen. Nach dem Auftauchen wird festgestellt, dass das Boot bis auf ein paar fehlende Decksbeläge und eine zerrissene Antenne unbeschädigt geblieben ist.

07.02.1917

Nachmittags wird der unbewaffnete Tankdampfer “SAXONIAN” (4.855 BRT) mit Artillerie nach dem 2. Schuss zum Stoppen gebracht. Kapitän Leech wird an Bord genommen. Der Tanker fuhr mit Öl an Bord auf der Route Port Arthur - Manchester. Da der Dampfer durch Artillerie nicht zum Sinken gebracht werden kann, wird er torpediert. Trotzdem sinkt er nicht schnell, da er nach Aussage des Kapitäns 32 wasserdichte Schotten hat.

08.02.1917

An der Versenkungsstelle des Tankdampfers nur noch Öl und Wrackstücke festzustellen. Ein großer Passagierdampfer mit ca. 18.000 BRT kommt in Sicht, entfernt sich aber schnell.

KL von Bothmer entschließt sich zum Rückmarsch nach Norden, da das Boot seit dem Wasserbombenangriff eine Ölspur hinter sich zieht und daher die Fahrt durch den Ärmelkanal zu gefährlich erscheint.

09.02.1917

Fahrt nach Norden.

10.02.1917

Vormittags kommt ein Fischdampfer in Sicht, der aus einer 7,2 cm Kanone das Feuer eröffnet. Mit leichter Fahrterhöhung läuft U 54 ab. Der Fischdampfer versucht vergeblich zu folgen und kommt außer Sicht. Nach dem Passieren von St. Kilda kommen noch mehrere Bewacher in Sicht, die alle abgeschüttelt werden.

11.02.1917

Nachdem einem Zerstörer ausgewichen wird, kommt das Muckle Flugga Leuchtfeuer in Sicht.

12.02.1917

In der Nordsee kommt aus einer dichten Schneeböe in nur 300 m Entfernung ein Bewacher in Sicht. Alarmtauchen. Nach Auftauchen wird mittags Egerö gesichtet.

13.02.1917

Vormittags kommt Ljodberg in Sicht. Nachmittags in Helgoland festgemacht.

Auf dieser Fernfahrt legte U-54 insgesamt 3.040,3 Seemeilen zurück, davon 2.806,5 sm über und 233,8 sm unter Wasser.

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Branscheid kleinAus den Erinnerungen des Marineingenieurs Hans Branscheid:

Wir nehmen Abschied von den Kameraden und gehen mit dem Vertrauen auf die Leistungsfähigkeit von Boot und Besatzung in See. Dass auch jetzt wieder ein jeder seine Pflicht bis zum letzten erfüllen wird, ist klar. Der Befehl für das Boot sah gleiche Tätigkeit irgendwo im Atlantik vor jedoch mit dem Unterschied, dass diesesmal der Anmarschweg nicht über die Shetlands, sondern aus Zeit- und Brennstoffersparnisgründen durch den Kanal erfolgen sollte. Das ist gemessen an den Erfahrungen der kleinen im Kanal arbeitenden Boote, für ein grösseres Boot bedenklich und uns unsympathisch. Es ist bekannt, dass zwischen Dover und Calais ein U-Bootssperrnetz von den Engländern ausgelegt ist, und es ist auch bekannt, dass an diesem, es ist an schweren Balkenträgern aufgehängt, feindliche Zerstörer auf und ab stehen, um gegebenenfalls im Netz festgefahrene U-Boote durch Wasserbomben zu vernichten.

In Ausführung des Befehls ist von uns beabsichtigt, bei einbrechender Dunkelheit die Sperre über Wasser mit hoher Fahrt zu passieren und somit zwischen Dover und Calais durchzubrechen. Beide Dieselmaschinen laufen zu gegebener Zeit hohe Fahrt, die sich beim Anblick der Feuer von Dover und Calais noch langsam steigert. Die Dämmerung ist schon vollständig und wir sehen scharf nach den Netzträgern aus, um ein solches Ding nicht etwa zu rammen. Da liegt plötzlich ein schwarzer Schatten rechts voraus. Ein feindlicher Zerstörer ist erkannt. “Alarm! Schnelltauchen!“ jetzt tritt wiedermal die Notwendigkeit heran, das Boot in der kürzesten Zeit auf Tiefe zu bringen.

Wenn in solchen Fällen, wo es um die Wurst geht, in der Maschine und in der Centrale nicht jeder Befehl klar gegeben wird und nicht jeder Handgriff sitzt, ist es in vielen Fällen um das Boot geschehen.

Das Boot war durch den Zerstörer gezwungen worden, vor dem Netz zu tauchen. Das war keineswegs erfreulich. Gesehen worden waren wir anscheinend nicht, aber unser aller unausgesprochene Ahnung erfüllte sich sofort. Beim auf Tiefe gehen gehorcht das Boot nicht mehr, mit dem Bug bleibt es auf 18 m hängen, mit dem Heck sackt es auf den Grund. Wir liegen in bedenklicher Schräglage fest im Sperrnetz. Das ist ausgesuchtes Pech. Ruhe und Überlegung können hier nur helfen. Das Boot muss frei werden, wir können hier nicht elend verrecken. Es ist meine Absicht, das Boot möglichst schwer zu machen, um das Netz zu zerreissen. Die Massnahmen werden sofort getroffen, da schnell gehandelt werden muss. Die gesamte Mannschaft mit Ausnahme des für die Maschinenbedienung notwendigen Personal und dasjenige der Centrale wird nach vorn in den Bugraum befohlen. Das gesamte achtere Trimmwasser wird gleichfalls nach vorn genommen und den Reglertanks Wasser langsam zugeflutet. Das Boot rührt sich zunächst nicht, es bleibt eisern in gleicher Schräglage hängen. Um die Belastung des Netzes weiter zu steigern, wird der Reglertank vollgeflutet. Zunächst scheint auch den noch keinen Erfolg zu versprechen. Da, nachdem 5 Tonnen Reglerwasser im Boot sind, d.h. in den Reglertanks, reisst das Netz. Das Boot fällt infolge des hohen Untertriebes hart auf den Grund und erschüttert stark. Eine sofortige Nachprüfung der elektr. Batterie ergibt, dass alle Zellen dicht geblieben sind und sich erstickende Gase im Boot nicht bilden können. Das ist zunächst das Entscheidende über Leben und Tod der Besatzung. Das Boot liegt auf ebenem Kiel. Alle bis jetzt getroffenen Massnahmen werden nun zurückgemacht und der Gleichgewichtszustand des Bootes wiederhergestellt.

Noch sind wir nicht frei und die Durchfahrt durch das eben gerissene Loch steht noch bevor. Durch weiteres Lenzen der Reglertanks löst sich nun das Boot langsam vom Grunde und mit beiden E-Maschine "kleine Fahrt voraus“ versuchen wir, durch das Loch im Netz durchzukommen. Auf eine Bootslänge gelingt es, dann legt sich das Boot aber erneut, dem Tiefenruder nicht mehr gehorchend, auf den Grund. Nun besteht der Verdacht, dass sich die Schrauben in fliegenden Tauen des Netzes verwickelt haben können. Das wäre fatal und würde mit grösster Wahrscheinlichkeit den Untergang des Bootes herbeiführen, denn es ist in solchen Fällen wenig Aussicht vorhanden aus den stählernen Fangarmen freizukommen. Gewaltsame Befreiungsversuche hätten gemacht werden müssen und das Reissen und Zerren am Netz wäre über Wasser nicht unbeobachtet geblieben.

Bei angeblasenem Heck, d.h. der hintere Teil des Bootes wird durch Anblasen der hinteren Tauchtanks mit Pressluft angehoben, werden nun die E- Maschinen kurz angeworfen. Die Belastung am Amperemeter ist normal, die Schrauben sind also frei, Gott sei Dank. Das Achterschiff wird geflutet, sodass das Boot wieder auf ebenem Kiel zu liegen kommt. Erneut lösen wir nun das Boot vom Grunde. Durch Lenzen der Reglertanks hebt es sich langsam und mit "kleiner Fahrt" beider E- Maschinen kriechen wir langsam über den Grund. Wir scheinen alles überstanden zu haben, denn ohne Störung haben wir nun endlich freie Fahrt. Der Alpdruck, der so schwer lastete, ist gewichen.